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Kaffee

Wenn dir der Geist noch kaum

Den Tag zur Tat bereitet hat,

Trink ihn recht kunstvoll gegossen

Im saumigen Milchschaum.

 

Fühl an den Gaumen dir,

Verschluck dich nicht,

Und lächle auch.

 

Und dann –

Erst langsam –

Sprich!

 

Lass mich dir ein wenig von unserem heissgeliebten Getränk Kaffee erzählen!

            Kaffee ist alles. Er duftet schön, sieht schön aus und befeuert einen durch und durch. Kaffee ist sogar lebensnotwendig, sagt der Schweizer Bundesrat. So lebensnotwendig sogar, dass die Schweiz einen steten Vorrat daran gebunkert hat für den Fall, dass mal ein Krieg ausbrechen sollte, der dann die Lebensmittelversorgung aus dem Ausland kappt. Man könnte aber meinen, dass das mit der Lebensnotwendigkeit nicht so recht stimmen kann: Kaffee entzieht dem Körper eine Menge Wasser. Wasser wiederum ist der Inbegriff des Lebensnotwendigen, es ist praktisch das Leben selbst. Ausserdem färbt Kaffee die Zähne gelb, kann Herz-Kreislauferkrankungen verschärfen, wenn sie denn schon präsent waren, und begünstigt die Bildung von Hämorrhoiden. Man darf auch nicht vergessen, dass Koffein vom Kaffeestrauch als Schädlingsgift produziert wird; der Stoff ist nicht gedacht zur Erquickung, sondern eigentlich zum Gegenteil. Die Herstellung kostet auch viel Wasser und ist in fast allen Belangen höchst bedenklich. Zum Beispiel kam erst vor wenigen Jahren ans Licht, dass Kaffee beim Rösten ein krebsförderndes Gas freisetzt und dass die wenigsten Arbeiter in der Kaffee-Industrie Gasmasken verwendeten.

            Warum also ist dieses Zeug zum Leben notwendig? Die Antwort natürlich: Die Wirkung. Hat man eine gute Tasse davon intus, dann strömt aus einem die reinste Inspiration! Also nicht nur Inspiration, Kaffee regt auch die Verdauung mächtig an, ein WC in der Nähe ist unabdinglich. Aber zurück zur Inspiration: Kaffee gibt einem so viel Energie und Tatendrang, dass man mitunter sogar aufpassen muss, dass man sich nicht unnötig in Nebensächlichkeiten hineinsteigert. So habe ich schon nach zu viel Kaffee statt Seminararbeiten Aufsätze über Lieblingsfilme heruntergerattert oder den späteren Werdegang von flüchtigen Bekanntschaften aus dem Kindergarten recherchiert. Das Prokrastinationspotenzial ist also so hoch wie das Produktivitätspotenzial. Nur eines steht ganz klar fest: Es ist der reinste Zaubertrank!

            Einige wenige Historiker spekulieren auch, dass die europäische Renaissance und der Humanismus möglicherweise letztendlich nichts als die Summe solcher Koffeinräusche waren. Der Kaffee ersetzte nämlich verschiedene alkoholhaltige Getränke, die man früher bevorzugt hatte. Statt einem Downer nun der flüssige Upper in Person, das muss durchaus seine gesellschaftlich spürbare Wirkung gehabt haben. J.S. Bach, zum Beispiel, widmete dem Kaffee eine seiner Kantaten. Auch ich habe das ein oder andere Gedicht schon über Kaffee geschrieben, eines davon steht hier am Anfang, und hier sind wir mitten in meinem Liebesbrief an den Kaffee!

            Zurück zum Aspekt der Lebens-Notwendigkeit. Nach so einem Rausch liegt es nahe, dass man bei nächster Gelegenheit, wo einem so ein Kräfteschub zugutekäme, natürlich sofort zur Tasse greift. Das kann so weit gehen, dass auch das Gehirn merkt und fest damit rechnet, dass da regelmässig so ein Schub kommt. Vereinfacht gesagt wird der Koffein-Shot dann Dienst nach Vorschrift, das Ausbleiben davon aber zum Schock, der unbedingt abzuwenden ist. Kurz: Man wird abhängig. Nach dem Aufwachen kommt der Geist dann wirklich erst in Gang, nachdem man die erste Tasse hatte. Manch einer trinkt seinen Kaffee sogar in der Dusche, weil der Kaffee einfach nicht früh genug kommen kann. Wenn das einem Bedenken macht, ist die Lösung Gott sei Dank simpel: nach zwei Wochen Kaffee-Entzug passt sich das Gehirn wieder an und funktioniert ganz ohne Koffein. Der Weg zu dieser Neugeburt ist aber gepflastert mit Augenringen, Migränen und Reizbarkeit. Dieses Martyrium lässt die zwei Wochen unendlich lange erscheinen, der Entzug lässt einen spüren wie zerbrechlich und schwach der Mensch werden kann.

 

Aber das mal beiseite… Käffchen gefällig?

 

(Ursprünglich erschienen in VAMP, dem Vereinsanzeiger der Mathematik- und Physik-Studierenden)

Kaffee

Kaffee

Wenn dir der Geist noch kaum

Den Tag zur Tat bereitet hat,

Trink ihn recht kunstvoll gegossen

Im saumigen Milchschaum.

 

Fühl an den Gaumen dir,

Verschluck dich nicht,

Und lächle auch.

 

Und dann –

Erst langsam –

Sprich!

 

Lass mich dir ein wenig von unserem heissgeliebten Getränk Kaffee erzählen!

            Kaffee ist alles. Er duftet schön, sieht schön aus und befeuert einen durch und durch. Kaffee ist sogar lebensnotwendig, sagt der Schweizer Bundesrat. So lebensnotwendig sogar, dass die Schweiz einen steten Vorrat daran gebunkert hat für den Fall, dass mal ein Krieg ausbrechen sollte, der dann die Lebensmittelversorgung aus dem Ausland kappt. Man könnte aber meinen, dass das mit der Lebensnotwendigkeit nicht so recht stimmen kann: Kaffee entzieht dem Körper eine Menge Wasser. Wasser wiederum ist der Inbegriff des Lebensnotwendigen, es ist praktisch das Leben selbst. Ausserdem färbt Kaffee die Zähne gelb, kann Herz-Kreislauferkrankungen verschärfen, wenn sie denn schon präsent waren, und begünstigt die Bildung von Hämorrhoiden. Man darf auch nicht vergessen, dass Koffein vom Kaffeestrauch als Schädlingsgift produziert wird; der Stoff ist nicht gedacht zur Erquickung, sondern eigentlich zum Gegenteil. Die Herstellung kostet auch viel Wasser und ist in fast allen Belangen höchst bedenklich. Zum Beispiel kam erst vor wenigen Jahren ans Licht, dass Kaffee beim Rösten ein krebsförderndes Gas freisetzt und dass die wenigsten Arbeiter in der Kaffee-Industrie Gasmasken verwendeten.

            Warum also ist dieses Zeug zum Leben notwendig? Die Antwort natürlich: Die Wirkung. Hat man eine gute Tasse davon intus, dann strömt aus einem die reinste Inspiration! Also nicht nur Inspiration, Kaffee regt auch die Verdauung mächtig an, ein WC in der Nähe ist unabdinglich. Aber zurück zur Inspiration: Kaffee gibt einem so viel Energie und Tatendrang, dass man mitunter sogar aufpassen muss, dass man sich nicht unnötig in Nebensächlichkeiten hineinsteigert. So habe ich schon nach zu viel Kaffee statt Seminararbeiten Aufsätze über Lieblingsfilme heruntergerattert oder den späteren Werdegang von flüchtigen Bekanntschaften aus dem Kindergarten recherchiert. Das Prokrastinationspotenzial ist also so hoch wie das Produktivitätspotenzial. Nur eines steht ganz klar fest: Es ist der reinste Zaubertrank!

            Einige wenige Historiker spekulieren auch, dass die europäische Renaissance und der Humanismus möglicherweise letztendlich nichts als die Summe solcher Koffeinräusche waren. Der Kaffee ersetzte nämlich verschiedene alkoholhaltige Getränke, die man früher bevorzugt hatte. Statt einem Downer nun der flüssige Upper in Person, das muss durchaus seine gesellschaftlich spürbare Wirkung gehabt haben. J.S. Bach, zum Beispiel, widmete dem Kaffee eine seiner Kantaten. Auch ich habe das ein oder andere Gedicht schon über Kaffee geschrieben, eines davon steht hier am Anfang, und hier sind wir mitten in meinem Liebesbrief an den Kaffee!

            Zurück zum Aspekt der Lebens-Notwendigkeit. Nach so einem Rausch liegt es nahe, dass man bei nächster Gelegenheit, wo einem so ein Kräfteschub zugutekäme, natürlich sofort zur Tasse greift. Das kann so weit gehen, dass auch das Gehirn merkt und fest damit rechnet, dass da regelmässig so ein Schub kommt. Vereinfacht gesagt wird der Koffein-Shot dann Dienst nach Vorschrift, das Ausbleiben davon aber zum Schock, der unbedingt abzuwenden ist. Kurz: Man wird abhängig. Nach dem Aufwachen kommt der Geist dann wirklich erst in Gang, nachdem man die erste Tasse hatte. Manch einer trinkt seinen Kaffee sogar in der Dusche, weil der Kaffee einfach nicht früh genug kommen kann. Wenn das einem Bedenken macht, ist die Lösung Gott sei Dank simpel: nach zwei Wochen Kaffee-Entzug passt sich das Gehirn wieder an und funktioniert ganz ohne Koffein. Der Weg zu dieser Neugeburt ist aber gepflastert mit Augenringen, Migränen und Reizbarkeit. Dieses Martyrium lässt die zwei Wochen unendlich lange erscheinen, der Entzug lässt einen spüren wie zerbrechlich und schwach der Mensch werden kann.

 

Aber das mal beiseite… Käffchen gefällig?

 

(Ursprünglich erschienen in VAMP, dem Vereinsanzeiger der Mathematik- und Physik-Studierenden)

Kaffee

Kaffee